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Z 88. Fortgang der Reformation.
Gegnern, der allenthalben die lebhafteste Theilnahme erregte.
Um die Sache zu unterdrücken, ließ der Papst Luthern zuerst
durch den Legaten Ca je tan, dann durch den Gesandten
v. Miltiz zum Widerruf auffordern. Luther, unter dem
Schutze seines Landesherrn, verweigerte ihn, versprach aber
zu schweigen, wenn auch seinen Gegnern Schweigen auferlegt
würde. Aber sein Hauptgegner, der Professor der Theologie
zu Ingolstadt, 0. Eck, schwieg nicht, sondern forderte
Luthern zu einer Disputation in Leipzig heraus, in
welcher Luther Äußerungen that, durch die er sich nicht bloß
dem Papste, sondern der römischen Kirche selbst entgegensetzte.
Während Eck nun nach Rom gieng, um dem Papste die
Gefahr der Kirche vorzustellen, mehrte sich Luther's Anhang
außerordentlich, indem der Bürg erstand in den meisten
Städten, ein großer Theil des niedern Adels und die Mehr-
zahl der H u m a n i st e n d. i. derjenigen Gelehrten, die das
Studium der alten Sprachen betrieben, auf seiner Seite war.
Dadurch ermuthigt, schrieb Luther zwei neue Schriften, worin
er die römische Kirche in ihrem tiefsten Innern angriff, und
womit er in noch weiteren Kreisen Zuneigung und Zustim-
mung erlangte.
Freilich kam jener Beifall nicht bei Alten einzig aus der
Quelle des Glaubens; insbesondere suchten Franz von
Sickingen, Ulrich von Hutten und deren Freunde die
Reformation zugleich zur Erreichung politischer Zwecke zu
benützen, die dahin giengen, dem Adel seine, durch den Land-
frieden gehemmte Ungebundenheit und durch die Fürstenmacht
geminderte Bedeutung wieder zu gewinnen. Luther selbst
aber entzog sich ihren Anerbietungen, dem Evangelium ihre
weltlichen Waffen zu leihen, durch die Mißbilligung jeder
Gewalt in Sachen des Wortes Gottes.
Jetzt aber, nachdem Luther die Fundamente des Papst-
thums und der römischen Kirche also angegriffen, sprach der
Papst den Bann über Luther's Lehren aus und verurtheilte
seine Schriften zum Feuer. Da berief sich Luther auf ein
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Extrahierte Personennamen: Franz_von
Sickingen Franz Ulrich_von_Hutten
Extrahierte Ortsnamen: Legaten_Ca Ingolstadt Leipzig Rom Bürg Gottes
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§. 89. Fortgang der Reformation.
zu verantworten. Vor dem Kaiser in der Versammlung der
Neichsfürsten und Reichsprälaten vom'päpstlichen Legaten
zum Widerruf aufgefordert, erklärte er, daß er nicht wider-
rufen könne, es sey denn, daß man ihn aus der heil. Schrift
widerlege, worauf er seine glaubensmuthige Rede mit den
Worten schloß: „Hier stehe ich; ich kann nicht anders, Gott
helfe mir! Amen."
Hierauf erklärte der Kaiser den bereits mit dem Banne
belegten Luther auch in die Reichs acht, und befahl, daß
nach Ablauf des Geleites gegen ihn als Ketzer verfahren
werden solle. Daher ließ Kurfürst Friedrich Luthern, um ihn
gegen seine Feinde zu schützen, heimlich auf die Wartburg
bringen, wo er ein Jahr lang in der Verborgenheit lebte,
und einen Theil des neuen Testaments übersetzte. Als aber
der fanatische Eifer des l). B o d e n st e i n (aus Carlstadt)
eine B ild erstürm er ei in den Kirchen Wittenberges ver-
anlaßte, verließ Luther, ohne sich an Bann und Acht zu
kehren, die Wartburg, stellte in Wittenberg durch Predigt
und Schrift die Ruhe wieder her und setzte mit seinem ge-
lehrteren Freunde, dem milden, besonnenen Philipp Me-
lanchthon, Professor der griechischen Sprache, auf das
thätigste das Werk der Reformation fort.
Auch von dem Landvolke wurden Luther's Schriften,
besonders wegen ihrer derben Sprache, begierig ausgenom-
men ; aber im südlichen Deutschland und am Rhein, wo die
Bauern von der Zeit der Städtekriege her schon früherhin
oft Aufstände gemacht und allemal die Religion mit
ein ge mischt hatten, wurde die Lehre von der „evan-
gelischen Freiheit" mißverstanden: sie verlangten von ihren
Gutsherren Freiheit von Abgaben und anderen Lasten, und
da ihnen ihre Forderungen verweigert wurden, erhoben sie
sich im Aufruhr, und so entstand
1324—23 der schreckliche Bauernkrieg in Schwaben und
am Rhein, und in Folge davon der durch den wiedertäu-
ferischen Schwärmer Thomas Münzer erregte Bauern-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Luthern Friedrich Philipp_Me- Philipp Thomas_Münzer
Extrahierte Ortsnamen: Wartburg Wartburg Wittenberg Deutschland Rhein Schwaben Rhein
§. 93. Die Reformation in England. 267
Grunde, dem Hause Österreich die kaiserliche Gewalt zu ent-
reißen und Deutschland umzugestalten!
5. Die Reformation tu England.
§. 93. Auch in England hatte die Reformation bald Ein-
gang gefunden; aber die Trennung von der römischen Kirche
geschah dort zunächst aus sehr weltlichem Grunde.
Die unumschränkte königliche Gewalt, welche Heinrich Vh
(§. 79) hinterlassen hatte, wurde in den Händen seines
Sohnes, des leidenschaftlichen und störrisch - willkührlichen
Heinrich s Vhf, zur völligen Despotie mißbraucht, in die
sich das Parlament mit der niedrigsten Feigheit fügte. Ob-
gleich dieser König selbst eine Schrift gegen Luther zur
Vertheidigung der sieben Sacramente geschrieben und deß-
halb vom Papste den Titel „Glaubensbeschützer" erhalten
hatte, so sagte er sich doch vom Papste los, weil dieser die
eigenmächtige Scheidung von seiner ersten Gemahlin und
seine Verbindung mit Anna Boleyn als ungültig ver-
warf.
Er erklärte sich nun 1535 zum Oberhaupt der eng-
lischen Kirche, zog alles Klostergut mit unglaublicher
Rohheit ein und verschwendete es so sinnlos, daß nach einigen
Jahren wenig mehr von dem also Gewonnenen vorhanden
war; auch ließ er jeden, der die von ihm aufgestellte katho-
lische Kirchenverfassung nicht beschwören wollte, hinrichten,
und selbst des edlen Kanzlers Thomas Moore's (Mo-
rus) Haupt mußte aus diesem Grunde unter dem Beile
fallen.' Bald schickte der argwöhnische Tyrann auch Anna
Boleyn auf's Schaffet, und dieses Schicksal traf auch noch
die vorletzte der sechs Gemahlinnen, die er nach einander
gehabt hatte. — Obgleich vom Papste abgefallen, haßte er
doch Luthern und dessen Lehre bis an sein Ende: denn er
wollte selber Reformator seyn. Er starb 1547 im 56. Jahre
seines Alters.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Vh Heinrich Heinrich_s_Vhf Heinrich Anna_Boleyn Thomas_Moore's Anna
Boleyn
Extrahierte Ortsnamen: England Deutschland England England
§. 76. Die Kirche in ihrer tiefsten Erniedrigung. 211
Und so konnte denn Ruprecht's Nachfolger, Kaiser Si-
gismund, Wenzel's Bruder,
1414 das Concilium zu Constarrz zu Stande bringen, welches
die drei Päpste absetzte und den Grundsatz aufstellte, daß sich
der Papst den Beschlüssen einer allgemeinen Kirchenversamm-
lung unterwerfen müsse. Weil man aber vor der Abstellung
der übrigen Kirchengebrechen den neuen Papst wählte, der
alsdann von dem Concilium keine Verbesserungsvorschläge
annahm, so war zwar die (äußere) Einheit der Kirche, nicht
aber ihre Reinheit hergestellt.
Dazu kam, daß das Concilium selbst durch ein leiden-
schaftliches Urtheil den spätern Riß in der Kirche dadurch
vorbereitete, daß von ihm
14113 Johann Huh, der als Professor der Theologie zu Prag
gegen die Gewalt des Papstes und gegen verschiedene andere
Kirchenlehren aufgetreten war, zum Feuertode verurtheilt und
zu Constanz als Ketzer verbrannt wurde. Zunächst ent-
stand aus diesem Verfahren
14120—1436 der Hussitenkrieg, indem sich Hussen's Anhänger
in Böhmen im Aufruhr erhoben, unter ihren Anführern Ziska
und den beiden Procopius alle vom Kaiser und Reich und
Papst gegen sch aufgebotenen Heere schlugen, und einen großen
Theil Böhmens und aller umliegenden Länder auf das gräu-
lichste verwüsteten. Nur als das zu Basel wieder zusammen-
getretene Concilium den Forderungen der gemäßigten Partei
der Hussiten, der Calirtiner, nachgab, und diese dann selbst
sich gegen die fanatische Partei der Taboriten wendeten,
ward endlich die Ruhe wieder hergestellt.
Aus dem besseren Theile von ihnen entstund nachher die
böhmisch-mährische Bürgergemeinde, die unter man-
cherlei Verfolgungen ihren 'Glauben bewahrte, bis sie später-
hin zum Theil in die jetzt bestehende, vom Grafen Zinzendorf
gestiftete Brüder-Unität übergieng.
Alle Beschlüsse des Basler Conciliums aber, die auf Be-
schränkung der päpstlichen Macht gerichtet waren, verwarf
- der Papst und nahm ihnen für Deutschland durch neue Ver-
14*
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Extrahierte Personennamen: Johann_Huh Johann Hussen's_Anhänger Procopius
§. 91. Die Religionskriege in Deutschland. 259
Auch Landgraf Philipp wurde nun aufgefordert,sich
auf Gnade und Ungnade zu unterwerfen und demüthigk Ab-
bitte zu thun. Nur, als sich sein Schwiegersohn Moritz und
der Kurfürst Joachim (von Brandenburg) verbürgten, daß
ihm Freiheit und Leben ungefährdet bleiben würde (eine
Bürgschaft, zu der sie sich auf verschiedene mündliche Ver-
sicherungen Ferdinand's und des Kaisers hin berechtigt glaub-
ten), verstand sich der Landgraf zur verlangten fußfälligen Ab-
bitte, wurde aber gefangen zurückbehalten und, ungeachtet aller
Vorstellungen der beiden Kurfürsten bei'm Kaiser, nach Donau-
wörth und später nach den spanischen Niederlanden abgeführt.
Hierauf rief den Kaiser sein wiedereingetrctenes Zer-
würfniß mit dem Papste nach Oberdeutschland. Das
Tridentiner Concilium hatte nämlich in seinen ersten Sitzungen
eine Glaubenslehre aufgestellt, von welcher der Kaiser vor-
aussah, daß die Protestanten, die er immer noch für eine
Vereinigung zu gewinnen hoffte, sie nicht annehmen würden.
Er suchte also den Papst dahin zu bewegen, die Veröffent-
lichung dieser Beschlüsse noch geheim zu halten. Weil aber
der Papst wohl einsah, daß der Kaiser auch den Plan nicht
aufgegeben habe, die päpstliche Gewalt einzuschränken, so
veröffentlichte er ungesäumt jene Beschlüsse, und ließ es zu,
daß sich das Concilium nach Bologna verlegte.
Daher versuchte nun der Kaiser ohne den Papst
1348 durch das sogenannte Augsburger Interim eine Refor-
mation der deutschen Kirche vorzunehmen, indem er den Prote-
stanten den Kelch, die Ehe der Geistlichen und den Besitz der
eingezogenen geistlichen Güter zugestand, aber im Übrigen
Gehorsam gegen die römische Kirche auferlegte. Nahmen auch
mehrere protestantische Fürsten, darunter Moritz und Joachim,
das Interim an, so erhob sich doch von Seiten der protestan-
tischen Städte allgemeiner Widerspruch dagegen und am
meisten widersetzte sich Magdeburg diesem Gewissenszwang.
Unterdeß nahm die Angelegenheit des Conciliums eine für
den Kaiser günstige Wendung. Papst Paul Iii starb und der
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Moritz Joachim Moritz Joachim Paul
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Brandenburg Oberdeutschland Bologna Magdeburg Conciliums
§. 92. Die Religionskriege in Frankreich. 265
einen Schuß zu tödten, fehlschlug, so beredeten die Mord-
süchtigen den über diese That erzürnten König durch alle
Vorstellungskünste zur Einwilligung in die Vernichtung der
Hugenotten, und so wurde
1872 in der Bartholomäusnacht (24. Aug.) C o l i g n y mit
2000 Protestanten in Paris, und in den nächsten Ta-
gen bei 50,000 derselben im übrigen Frankreich
ermordet, Heinrich von Navarra aber zur katholischen
Messe gezwungen. Die Übriggebliebenen leisteten aber ver-
zweifelten Widerstand, ganz besonders die Stadt Rochelle,
welche sich so heldenmüthig vertheidigte, daß man ihr 1573
einen Vergleich gewähren mußte.
Durch den fünften Krieg erlangten jedoch die Prote-
stanten , zu denen sich Heinrich von Navarra glücklich wieder
gefunden hatte, von Karls Ix Nachfolger, Heinrich Iii,
abermals unbeschränkte Religionsfreiheit außerhalb Paris
mit acht Sicherheitsstädten, und behaupteten dieselbe auch
im sechsten und siebenten Kriege.
Deßhalb stiftete nun der ehrgeizige Herzog Heinrich
von Guise gegen den König selbst eine Ligue und un-
tergrub durch seine kühnen Ränke die Macht desselben so
sehr, daß dieser von Jedermann verachtet und für verloren
gehalten wurde. Endlich da Guise immer rücksichtsloser vor-
schritt , und der König für seine Krone, ja für Freiheit und
Leben fürchtete, so ließ er während der Reichsversammlung
zu Blois sowohl den Herzog, als auch dessen Bruder, den
Kardinal Guise, ermorden. Diese mit aller Kunst der Heuche-
lei verübte That brachte die Anhänger der Ligue zu bluti-
gem Aufstande, in welchem kein Recht geachtet wurde und
überall Gewalt und Rachgier herrschte. Heinrich Iii ver-
mochte die Ordnung nicht herzustellen, und weil weder die
Ligue, noch der Papst (Sirtus V) auf seine Vorschläge
eingiengen, so sah er sich gezwungen, sich mit Heinrich von
Navarra zu verbünden und den Hugenotten freie Neligions-
übung zu gestatten. Schon hatte der König einen Vor-
theil über die Liguisten gewonnen, als er von einem jungen
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_von_Navarra Heinrich Karls Heinrich_Iii Heinrich Heinrich
von_Guise Heinrich Jedermann Heinrich_Iii Heinrich Heinrich_von
Navarra Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Paris Frankreich Karls Paris